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                                     Pegasus-Onlinezeitschrift VI/1 (2006), 1

Andreas Hensel

Der ganze Mensch in 45 Minuten – Die Lateinstunde als Kunstwerk

Wie behebt man Frauenmangel? Texterschließung und Interpretation von PRIMA, Lektion 11, Text Z „Der Raub der Sabinerinnen“


Moderner Lateinunterricht soll den ganzen Menschen erfassen, die kognitiven, emotionalen und sozialen Kompetenzen des Schülers in gleicher Weise fordern und fördern.(1) Dabei wird häufig der Blick auf den Lektüreunterricht der Mittelstufe oder die Kursprogramme der Sekundarstufe II gerichtet.

Der lateinische Lektüreunterricht soll den Schülern „Kenntnisse und Einsichten vermitteln, die der Interessenlage, der geistigen und der Gefühlsentwicklung der angesprochenen Altersgruppe angemessen sind und besonders entgegenkommen.“(2)

„Der Lateinunterricht fördert soziale Kompetenz, indem er durch vielfältige und differenzierte Operationen alle Schülerinnen und Schüler in die gemeinsame Erarbeitung einbindet und so eine auf Kommunikation ausgerichtete Arbeitshaltung entwickelt.“(3)

„Wo immer es geht, sollte der Lateinunterricht den seelischen und personalen Wachstumsprozess der Schüler begleiten und anregen, indem er ihnen innere Leitbilder anbietet, die ihrem Leben und Erleben ein Identifikationsmuster vorgeben.“(4)

Dass diese didaktischen Fluchtpunkte aber auch für die Phase der Lehrbucharbeit Geltung haben müssen, ist evident: Lateinunterricht darf nicht nur an der Zukunft der Schüler ausgerichtet sein, sondern muss auch der Lebensgegenwart der Schüler entsprechen, ihnen Erfüllung auch im jetzt und hier bieten, und das vom ersten Lehrjahr an. Lateinunterricht muss alle Schüler erreichen und ihnen die Mitwirkung an der Erschließung, Interpretation und Übersetzung von Texten ermöglichen, was in einer Zeit, in der in den Klassen Schüler ganz unterschiedlicher Begabungs- und Lerntypen sitzen, durchaus schwierig ist. Die Lateinstunde als Kunstwerk also, das den Lehrer in seiner pädagogischen Gestaltungs- und Fachkompetenz fordert? Ein hoher Anspruch!

Die neue Generation der Lateinlehrwerke ermöglicht freilich dergestalt komplexes unterrichtliches Handeln in vorzüglicher Weise. Am Beispiel einer Lektion aus dem Lehrwerk PRIMA(5) sei dies erörtert. Gleichzeitig soll aufgezeigt werden, wie auch die einzelne Stunde schon Abbild des geschilderten didaktischen Konzeptes sein kann und sollte.

 

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Didaktische Anmerkungen

Einbettung der Stunde in den Sequenzzusammenhang

Das eingeführte Lehrwerk PRIMA will den Schülerinnen und Schülern von heute Zugänge eröffnen in eine vergangene, ferne Welt und ihre Sprache. Weil Sprache von Menschen gesprochen wird, begegnen die Kinder von Beginn an in den Texten des Lehrwerks Menschen und erfahren, wie sie gelebt haben. Nachdem in der ersten Textsequenz (T 1 – 5 „Treffpunkte im alten Rom“) ein erster Überblick über die Topographie des antiken Rom sowie einige wichtige Orte, an denen sich die Römer trafen, erfolgte, thematisiert die zweite Sequenz (T 6 – 10 „Römisches Alltagsleben“) anhand der Geschichte des Senatorensohns Publius und seiner Einführung in die Erwachsenenwelt (Übernahme der toga virilis) vor allem die Themen ‚Wohnen’, ‚Religion’ und ‚Feste’.
Mit Lektion 11 eröffnet eine neue Sequenz („Vom Hüttendorf zum Weltreich - Aus der Geschichte Roms“), die erstmals den Blick thematisch auf die historische Dimension öffnet. Episoden aus der Frühgeschichte Roms werden den Schülern in loser Folge präsentiert (u. a. Gründungssage, Menenius Agrippa und Punische Kriege).
Die Struktur der einzelnen Lektionen ist durchgängig vierseitig angelegt und beruht auf lernpsychologischen und fachlichen Überlegungen. Auf einer ersten Seite erfolgt eine thematisch-inhaltliche Vorentlastung durch deutsche Texte und Bildmaterial. Im vorliegenden Fall wird neben einer Übersichtskarte des frühen Stadtgebiets ein Einblick in das Nebeneinander von Gründungssage und archäologisch/historisch gesicherten Informationen rund um die Stadtgründung gegeben. Es folgt mit dem T-Text das Kernstück der Lektion. Der Haupttext enthält sowohl das neue grammatische Thema (hier die Perfektbildung mit den v- und u-Stämmen) als auch eine inhaltlich zentrale Szene für das Kapitel. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Brudermord des Romulus, über den in der interessanten perspektivischen Brechung in einem Dialog zwischen Faustulus und Acca berichtet wird. Die dritte Seite der Lektion besteht aus Übungsmaterialien zum neuen sprachlichen Thema. Jede Lektion wird abgerundet durch einen fakultativen Zusatztext (Z), hier der Geschichte vom Raub der Sabinerinnen, der im Zentrum der vorliegenden Stundenplanung steht. Diese Texte sollen generell das Übersetzungsangebot erweitern; sie wälzen den Grammatikstoff der vorausgegangenen Lektionen um und dienen der inhaltlichen Abrundung. Weil sie keine grammatische Neueinführung mitsichbringen, können bei ihrer Behandlung Techniken der Texterschließung und die inhaltliche Auswertung im Vordergrund stehen.
Nachdem die Schüler in den vorangehenden Stunden inhaltlich einen ersten Einblick in die Gründungssagen des römischen Staates erhalten haben und sich mit dem neuen Tempus (Perfekt) befassen konnten, soll am vorliegenden Text vor allem der Aspekt des gewaltsamen Vorgehens der Stadtgründer weiter verfolgt werden. Schon beim Brudermord konnte dieser Aspekt kritisch diskutiert werden. Die Schüler beschäftigt die Frage, wie es kommt, dass ein so bedeutender Staat wie der der Römer mit einer solchen Gründungssage aufwartet.

 

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Auch das römische Vorgehen bei der Sicherung einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur erscheint in der Gestaltung der Sage vom Raub der Sabinerinnen ähnlich gewaltsam, wenn auch planvoll strukturiert.
Sämtliche hier abgedruckten Texte gehen auf die Darstellungen des Historikers Livius zurück, der in seinem Geschichtswerk Ab urbe condita genau diese Ambiguität im Verhalten des Romulus und seiner Gefolgsleute in den Vordergrund stellt: einerseits eine harte Brutalität und Gewaltbereitschaft, die andererseits aber durch einen kalt kalkulierenden Intellekt gesteuert wird. Im vorliegenden Text wird beides eindrucksvoll deutlich: das Vorgehen gegen die Sabiner ist von einer genau geplanten List gesteuert, in seiner Ausführung erscheint es rücksichtslos und brutal. Aber selbst im Chaos des Massenkidnappings lassen sich noch Elemente der Planung und der kühlen Ratio nachweisen. Gegenüber diesen thematisch-programmatischen Akzenten tritt die Frage nach der Historizität der berichteten Sagen, die uns heutige Leser natürlich auch zu beschäftigen hat, für den antiken Schriftsteller in den Hintergrund. Livius wollte Ursachen der römischen Machtentfaltung aufdecken.
Die ausgesprochene Kargheit, mit der solche Texte in der Anfangsphase der Lateinbücher (notgedrungen) wiedergegeben werden, erscheint zunächst angesichts der erzählerischen Qualität vergleichbarer Sagendarstellungen etwa in den Deutschbüchern der entsprechenden Jahrgänge als problematisch. Andererseits kann gerade in dieser Kargheit auch ein didaktisch fruchtbares Element gesehen werden: die Schüler können die Leerstellen des Textes (hier vor allem Hinweise auf die Motive der Handelnden, s. u.) nutzen, um sie kreativ zu füllen. Gerade die Frage, warum die Sabinerinnen sich am Ende in ihr Schicksal ergeben(6) oder die Frage nach dem Funktionieren der List (Warum gehen die Sabiner ohne Waffen in die benachbarte Stadt?) können von den Schülern auf der Grundlage einer Einfühlung und Analyse des Textes selbstständig erschlossen werden. Bei Livius werden sie explizit beantwortet.
Nachdem die Schüler über die Sage vom Brudermord und die historischen Grundlagen derartiger Darstellung aus der Gründungsphase Roms reflektiert hatten, bietet der vorliegende Text einerseits also eine Vertiefung erkannter Konstellationen, andererseits mit Blick auf das benachbarte Volk der Sabiner und den beginnenden römischen Expansionsdrang auch eine inhaltliche Erweiterung und Ergänzung des Themas „Römische Frühgeschichte“.
Gleichzeitig lernen die Kinder eine der wirkungsintensivsten Episoden aus der römischen Sagenwelt kennen. Schon in der Antike immer wieder bildhaft dargestellt, ist die Rezeption dieser Episode in Literatur, Musik und Malerei unerschöpflich.

 

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Linie

Der Text vom Raub der Sabinerinnen wird wie jeder Z-Text in PRIMA mit einer kurzen deutschen Einleitung versehen, die den kontextuellen Rahmen skizziert. Hier wird explizit auf die Stadtgründung durch Romulus verwiesen und die Problematik des Frauenmangels in der aufstrebenden Stadt angesprochen. Nach einem Verweis auf das erfolglose Bittgesuch an die Sabiner wird von einer bösen List gesprochen, die Romulus nun zu verfolgen gedenkt.
Hier eröffnet der lateinische Text, der in seinem Verlauf geprägt ist von Verweisen auf das römische Vorgehen und die Reaktion der Sabiner darauf (fast alle Sätze weisen entweder Romani oder Sabini als Subjekt auf). Dabei lässt sich der Text, der durch eine Reihe von Konnektoren klar gegliedert ist, in zwei Teile aufteilen: zunächst geht es um das gewaltsame Vorgehen der Römer und den Erfolg ihrer List (Z. 1 – 6). Im zweiten Teil wird dann von der Reaktion der Sabiner und ihrem Rachebedürfnis berichtet. Dieser Teil schließt mit der Bitte der sabinischen Frauen, die sich mit ihrem Schicksal nun abfinden und so den Frieden zwischen beiden Volksgruppen ermöglichen.
Der Text ist neben den angesprochenen Konnektoren und Referenzketten geprägt vom Wortfeld ‚gewaltsames Vorgehen’ (vi capere, petiverunt, corripuerunt, capere, petiverunt, arma).
Die genannte Textstruktur erleichtert die Erschließung, die auf der Grundlage des Titels, der Vorinformation und einer Erarbeitung des ersten Satzes erfolgen sollte.(7) Parallel zu den textsemantischen und –syntaktischen Arbeitsschritten führen die Schüler den Arbeitsvorgang des linearen Dekodierens durch. Sie markieren die Verbformen und die Konnektoren im Text.
Auffällige Leerstellen liegen vor allem im Bereich der Motivation der Beteiligten: Warum gehen die Sabiner ohne Waffen freiwillig nach Rom? Warum finden sich die Frauen mit ihrem Schicksal ab? Welche Gründe hat Romulus für die Expansion seiner Stadt überhaupt? Der Text beantwortet diese Fragen nicht, er schildert im Wesentlichen die äußere Handlung.
Das neue Grammatikthema kann anhand der Lektion vertieft und geübt werden. Der Text enthält eine Reihe der neuen Perfektformen (voluerunt, vocaverunt usw.). Dies stellt aber nur ein Seitenthema der Stunde dar, deren Zentrum in der satzgrammatischen sowie textsemantischen und textsyntaktischen Erschließung und Interpretation des Textes bestehen soll. Diese Deutung soll auf drei Ebenen stattfinden: textimmanent, im Blick auf die römische Zeit und im Blick auf die Rezeption der Episode bis in unsere Zeit.

 

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Lernziele:

- Die Schüler sollen wichtige Sagenelemente zur römischen Frühgeschichte kritisch rekapitulieren sowie einen Einblick in deren historischen Hintergrund erhalten.

- Sie sollen kritisch die gewaltsamen Elemente in der Strategie der Stadtgründer reflektieren und mit der Episode von der Sabiner-Entführung einen weiteren Beleg hierfür kennenlernen.

- Die Schüler sollen unter Einbeziehung von Überschrift, Vorinformation und Einleitungssatz die textsemantische und textsyntaktische Struktur des Textes „Der Raub der Sabinerinnen“ erarbeiten und so ein gesichertes Textverständnis erreichen.

- Sie sollen hierzu darüber hinaus das den Text prägende Wortfeld (‚gewaltsames Vorgehen’) sowie die den Text gliedernden Konnektoren analysieren.

- Im Rahmen der Texterarbeitung sollen die Schüler auch ihre Kenntnisse über Form und Funktion der neu eingeführten Perfektformen nach dem v- und u-Perfekt vertiefen.

- Die Schüler sollen die inhaltliche Struktur des Textes erfassen, in dem zunächst das Vorgehen der Römer und hierauf die Reaktion der Sabiner berichtet wird.

- Sie sollen dabei erkennen, dass eine Kombination von List und gewaltsamem Vorgehen das Handeln der Römer bestimmt und dass das Verhalten der Sabiner zunächst von Arglosigkeit, später dann von Rachedurst bestimmt ist.

- Sie sollen als entscheidendes Lösungsmoment des Konflikts das Verhalten der Sabinerinnen erkennen.

- Im Rahmen eines einfühlenden Interpretierens sollen die Schüler einen Einblick in die Motive der beteiligten Volksgruppen gewinnen. Dabei ist im Blick auf die Römer vom Hauptmotiv der Machtsicherung und –ausweitung auszugehen. Im Falle der Sabinerinnen ist ein sich Abfinden mit der eigenen Lage zu erkennen, das gleichzeitig beiden Völkern eine weitere friedliche Koexistenz erlaubt.

- Die Schüler sollen einen Einblick in den historischen Hintergrund derartiger Episoden gewinnen, in denen auf das Expansionsstreben des neuen Staates hingewiesen wird. Sie sollen mit den Münzabbildungen (s. Buch) und den Gemälden von Rubens und Cortona exemplarische Belege für die Wirkungsgeschichte der Episode kennenlernen und einen Einblick in die jeweilige Deutung des Geschehens erhalten.

 

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Methodische Entscheidungen/Stundenverlauf

  • Zu Beginn der Stunde soll in Anknüpfung an die vorbereitende Hausaufgabe, die in einer Reflexion der bisherigen Informationen zur Gründungssage Roms bestand, sowohl eine inhaltliche Rekapitulation als auch eine Problematisierung der Thematik erfolgen. In diesem Zusammenhang sollen die Schüler die Frage beantworten, wie sich diese Sagen zum historischen Hintergrund verhalten und worin ihr wahrer Kern liegt. Hierzu hatten die Schüler entsprechendes Informationsmaterial zur Bearbeitung erhalten und können auch auf die Unterrichtsgespräche der vorangehenden Stunden zurückgreifen. Abschließend sollen die Schüler Stellung nehmen zum ausgesprochen gewaltsamen Auftakt der römischen Geschichte. – Durch diese Hausaufgabenbesprechung werden die Schüler auf den neuen Text, das Stundenthema, eingestimmt und vorbereitet. Durch die häusliche Vorbereitung hat bereits an dieser Stelle des Unterrichts jeder Schüler Gelegenheit, sich einzubringen. (etwa 5 Minuten)
  • Nun wird der neue Text präsentiert. Nach einer kurzen Ankündigung, dass heute eine weitere Episode aus der römischen Frühzeit gelesen werden soll, wird zunächst im Lehrervortrag(8) die deutsche Einleitung und der erste Satz vorgelesen. (1 Minute)
  • Gemeinsam wird dann zunächst der erste Satz erschlossen und übersetzt. Mit den jetzt verfügbaren Informationen können die Schüler die Strategien zur weiteren Erschließung des Textes ableiten. Zu fragen ist, mit welchen Angaben, Informationen und inhaltlichen Aspekten im weiteren Textverlauf zu rechnen ist. Hier stehen natürlich die Spannungsfragen „Wie gehen die Römer vor?“ und „Wie werden die Sabiner reagieren?“ im Vordergrund. Gleichzeitig haben die Schüler gelernt, auch auf Wortfelder und die textgrammatische Verflechtung durch Konnektoren zu achten. Aus den Rückmeldungen der Schüler werden die Texterschließungskriterien abgeleitet und vereinbart. Sie bilden die Grundlage für das Arbeitsblatt zur Texterschließung bzw. die Folie, die die späteren Ergebnisse dokumentieren soll. Vor Beginn der Arbeitsphase soll der gesamte Text lateinisch vorgelesen werden, damit ein erster Überblick ermöglicht wird. Auch aus ästhetischen Gründen sollte der Gesamttext vor und nach der analytischen Arbeit als Ganzes für die Schüler erlebbar werden. So treten neben die kognitiv-analytischen Elemente immer auch emotional-ästhetische Aspekte der Arbeit am Text. (etwa 4 Minuten)
  • In der Arbeitsphase, die als Partnerarbeit durchgeführt werden soll, damit die Schüler entstehende Probleme zunächst untereinander diskutieren und lösen können, sollen sie sich den neuen Text durchlesen und versuchen zu erkennen, wie sich die Handlung entwickelt, indem sie Informationen zu den zuvor erarbeiteten Erschließungsaspekten notieren.

 

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  • Im Rahmen dieser Phase kommt es auf überschaubare Aufgabenstellungen an, die selbstständiges Arbeiten ermöglichen. Jede Lateinstunde sollten den Schülern die Möglichkeit bieten, mindestens 10 – 15 Minuten eigenständig arbeiten zu können. Mikro- und makroskopische Arbeitsschritte prägen dabei die Textarbeit. Aus arbeitsökonomischen Gründen sollten in doppelter Hinsicht Arbeitsteilungen stattfinden(9). Zum einen übernehmen zwei Sonderteams aus je 2 – 3 Schülern die Analyse der Konnektoren und des prägenden Wortfelds, zum anderen wird das Plenum der Klasse zweigeteilt: ein Teil fokussiert den ersten Textabschnitt, eine weitere Gruppe den zweiten Teil. Damit ergeben sich insgesamt vier Arbeitsteams. Selbstverständlich kann innerhalb der beiden großen Gruppen, die die Textabschnitte erschließen noch einmal eine Differenzierung stattfinden; hier kann entweder in Partnerarbeit oder Kleingruppenarbeit vorgegangen werden. Entscheidend ist, dass die Texterschließung als kooperativer Prozess erlebt wird, bei dem unterschiedliche Gruppen Beiträge liefern und das Gesamtergebnis als Teamleistung erlebt wird. Die Grobgliederung ist aufgrund des Druckbildes, des Konnektors ’autem’ sowie der Referenzen auf die Römer bzw. die Sabiner jeweils am Textbeginn schnell erkennbar. So ist eine Erschließung und Auswertung des recht umfänglichen Textes innerhalb einer Unterrichtsstunde möglich. Dabei müssen keinesfalls alle Wörter des Textes im Erschließungsbild figurieren. Lediglich ein inhaltliches Grundverständnis des Textes ist intendiert. Gleichzeitig erleben die Schüler, wie sie durch eine arbeitsteilige Teamarbeit an einem schwierigen Gegenstand zum Erfolg kommen. Alle Lerntypen werden angesprochen und können sich einbringen. Bei einer reinen Übersetzungsarbeit Satz für Satz wäre dies nicht möglich. – Wichtig ist auch die Eigenständigkeit der Arbeit der Schüler in dieser Phase. Nur so entsteht ein anschauliches Bild und ein vertieftes Textverständnis bei möglichst intensiver Beteiligung aller Schüler am Verstehensprozess. Das ist ein Unterschied zum traditionellen Lateinunterricht, wo häufig nur wenige Schüler aktiv am Entstehen einer Übersetzung beteiligt sind, die sich Satz für Satz, oft dazu noch kontextunabhängig entwickelt. Anschauung und Streuung sind dabei meist nicht möglich.(10) (etwa 12 Minuten)

 

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  • Nach Abschluss der Arbeitsphase werden die Schüler gebeten, ihre Untersuchungsergebnisse mitzuteilen, die dann im angelegten Folienbild notiert werden.(11) Damit die Schüler in ihrem Vortrag nicht frühzeitig gelenkt werden, bieten sich in dieser Sammelphase allenfalls bei Problemen/Stockungen Impulsfragen wie „Was erfahren wir hier?“ oder „Was habt ihr hier als Reaktion der Sabiner herausgefunden?“ u. a. an. Der Lehrer tritt hier lediglich als Moderator auf. Sollten sich sprachliche Schwierigkeiten ergeben haben oder Verständnislücken resp. –fehler auftreten, so sind diese nun zu klären. Die Rückmeldungen der Schüler erfolgen immer im Zweitakt: zunächst wird eine Mitteilung in deutscher Sprache gemacht, die dann auf einen lateinischen Textbeleg zurückgeführt wird. Dieser ist gekürzt im Folienbild zu notieren. (10 Minuten)
  • Auf der Grundlage der Sammelphase und des erstellten Erschließungsbildes kann jetzt die inhaltliche Auswertung des Textes erfolgen. Dabei kann von einer hohen Schülerbeteiligung ausgegangen werden, denn die Schüler können jetzt ihr selbst erarbeitetes Material einsetzen, um zu Ergebnissen zu gelangen. – Zunächst soll der inhaltliche Verlauf des Textes noch einmal von einem Schüler rekapituliert werden; dabei kann der entsprechende Schüler sowohl das Erschließungsbild als auch den Text selbst zugrundelegen. Diese Phase dient der Sicherung des Textverständnisses (Zusatzeintragungen in Deutsch auf der Folie sind hier sinnvoll). Ein abschließender Überblick wird nach der Detailarbeit erzielt. Danach soll dem primär stofflichen Interesse der Schüler entgegengekommen und zunächst eine inhaltliche Auswertung des Gelesenen angestrebt werden. Hierbei soll zum einen auf die Motive der beteiligten Volksgruppen eingegangen werden (Fragen s. o.). Es soll aber auch diskutiert werden, inwiefern sich diese Episode in das bisher zur römischen Frühgeschichte Besprochene einordnen lässt. – Die genannten Auswertungsschritte stellen den Kern der Auswertung dar. Sollte die Sammelphase einigermaßen zügig erfolgt sein, kann nun in einem dritten Auswertungsschritt der Blick auf die Rezeption der Episode in römischer und späterer Zeit gerichtet werden. Hierzu kann einmal auf das Material des Lehrwerks zurückgegriffen werden, das eine interessante Münzprägung des Motivs zeigt. Die Schüler sollen auf der Grundlage der Fragen 1 und 2 (S. 63) die Abbildung analysieren. Zum anderen soll durch ein Gemälde (Folienprojektion von Rubens und Cortona), Raub der Sabinerinnen ein Einblick in die Fortwirkung der Geschichte ermöglicht werden. Die Schüler sollen beschreiben, welche Szene der Maler abbildet und worauf er in seiner Darstellung Wert legt. Falls die Zeit dazu ausreicht, kann ein kurzer Auszug aus Ovids Ars Amatoria parallel zur Bildbetrachtung vorgelesen werden. Den Schülern fällt dadurch die Einfühlung in das Dargestellte leichter. Ggf. kann dieser letzte Auswertungsschritt aber auch in die Folgestunde/Hausaufgabe verlagert werden. (etwa 10 Minuten)

 

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  • Abschluss des Auswertungsgesprächs soll ein nochmaliger Vortrag des Textes sein, der als ästhetischer Abschluss der Besprechung wichtig ist. Noch einmal können die Schüler die sprachlichen und inhaltlichen Details im Kontext verfolgen und einen abschließenden Eindruck der Szene gewinnen. (1 Minute)
  • Auf der Grundlage der Texterschließung und Deutung kann nun in der Hausaufgabe eine gediegene Übersetzung des Textes erarbeitet werden. Die Übersetzung erscheint also als Endprodukt eines komplexen Erschließungs- und Auswertungsprozesses, steht nicht an dessen Anfang, wie im traditionellen Lateinunterricht noch üblich. Eine sinnvolle Alternative wäre auch die Erarbeitung einer Übersetzung in Teams in der Folgestunde. Hier können die Schüler zunächst gemeinsam noch einmal den Inhalt rekapitulieren und eine rohe Arbeitsübersetzung formulieren. Experten sehen dann diese Übersetzung nach jeweils zuvor festgelegten Kriterien (Satzbau, Wortwahl, Kontext usw.) durch und machen Verbesserungsvorschläge. Schließlich wird eine angemessene deutsche Übersetzung verfasst. Nach Abschluss der Teamarbeit werden alle Übersetzungen verglichen (etwa durch einen Posteraushang oder durch das Verfahren „Zettellawine“, bei dem dann noch einmal alle die Gelegenheit haben, besonders gelungene Übersetzungen hervorzuheben oder Korrekturen durchzuführen. Bei der Zettellawine gehen die einzelnen Übersetzungsvorschläge reihum durch die Klasse. Auf einem gesonderten Beiblatt kann jeder Schüler/Leser notieren, was ihm besonders gut gefällt und wo er Verbesserungsvorschläge sieht. Dieses Beiblatt wird zusammen mit dem Übersetzungsvorschlag weitergegeben, so dass die folgenden Leser auch die Gelegenheit haben, auf den Übersetzungsvorschlag und die Bemerkungen ihrer Vorgänger einzugehen. Da die Zahl der Bemerkungen bei diesem Verfahren ansteigt, entsteht eine „Zettellawine“. So erleben die Schüler das Übersetzen als kooperativen Vorgang und gewinnen einen tieferen Zugang zu diesem für den Lateinunterricht so wichtigen Arbeitsschritt. - Neben der Übersetzung soll auch eine kreative Rezeption des Textes im Rahmen der Hausaufgabe erfolgen (terminliche Staffelung). So erhalten die Schüler die Möglichkeit, die Leerstellen des kargen Lektionstextes zu füllen und sich tiefer in die Figuren einzufühlen. Gleichzeitig ermöglicht diese Aufgabe auch noch einmal die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Geschichte. Der Text wird in der Wahrnehmung der Schüler zudem aufgewertet. Er wird nicht nur als Übungsmedium zur Einführung und Übung grammatischer Inhalte wahrgenommen(12), sondern als inhaltliches Erlebnis, das zur Auseinandersetzung herausfordert. Folgende Aufgaben sollen zur Wahl gestellt werden (so dass möglichst viele Lerntypen erreicht werden können)(13):

 

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  • Verfasse ein Filmdrehbuch zu der Geschichte! Berücksichtige Kameraeinstellungen, Schnitttechnik, Szeneneinrichtung usw.! (Zeichnung eines Storyboards)
  • Gestalte ein Standbild (freezing frame) zu einer Teilszene des Geschehens, das dir besonders eindrucksvoll erscheint. Das Standbild kann auch zu Hause gestaltet und dann fotografiert werden. Kollagen aus den Fotos und Textelementen sind möglich!
  • Wähle einen Soundtrack zur Episode aus (evt. mit ‚Filmteam’ zusammenarbeiten). Berücksichtige die Atmosphäre und den Verlauf der Geschichte!
  • Stelle dir vor, wie eine sabinische Tageszeitung durch die von Rom zurückkehrenden Männer am Tag nach dem Debakel über die Ereignisse berichten würde. Schreibe einen Artikel!
  • Berichte aus der Sicht einer der Frauen in der Ich-Perspektive vom Geschehen!

(2 Minuten)

Fazit und Ausblick

Der skizzierte Stundenverlauf steht beispielhaft für einen Lateinunterricht, der möglichst allen Schülern auch im Rahmen einer Einzelstunde gerecht zu werden versucht, der nicht nur fachliche Belange berücksichtigt, sondern auch das methodisch-strategische Lernen der Schüler, ihre soziale und kommunikative Kompetenz sowie affektive Dimensionen im Blick hat. Dass die neuen Lehrwerke ein solches Arbeiten ermöglichen, ist erfreulich und eine wichtige Grundlage für die Arbeit. Andere müssen hinzutreten. So erscheint es mir unerlässlich, dass sich die Fachdidaktik Latein stärker als bisher anderen Fachdidaktiken öffnet. Viele Anregungen lassen sich beispielsweise aus dem methodischen Repertoire des Deutsch- und Englischunterrichts gewinnen. Gerade das Einbeziehen des Projektgedankens sollte viel konsequenter auch in den Anfangsjahren des Lateinunterrichts erfolgen. Freie Arbeitsformen wie Stationenlernen, Frei- und Wochenplanarbeit oder das Anlegen von Portfolios können gerade in den ersten Jahren helfen, möglichst viele Schüler intensiv an das Fach zu binden, ihnen einen tiefen Zugang zu verschaffen.

 

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Das Ermöglichen selbstständigen Arbeitens der Schüler, das Schaffen von Lernsituationen, in denen möglichst vielseitig gearbeitet werden kann und alle Lerntypen angesprochen werden, eine veränderte Wahrnehmung der Lehrerrolle (hin zum Organisator und Moderator derartiger Lernprozesse) sind Konsequenzen dieses Verständnisses von jugendlich-modernem, zeit- und fachgemäßem Lateinunterricht. So verstanden ist die einzelne Lateinstunde in der Tat auch ein Kunstwerk, das freilich nur gelingen kann, wenn man den transphrastischen Erschließungsansatz als unverzichtbaren Kern zugrunde legt. Nur er sichert ein eigenständiges und fachlich fundiertes Arbeiten der Schüler am gesamten Text, er ist zudem sachgerecht.(14)

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift VI/1 (2006), 12

Folienbild zur Texterschließung (Maximalversion)

Der Raub der Sabinerinnen

Konnektoren

Vorgehen der Römer

Verhalten der Sabiner

itaque

vi capere volunt

 

 

ad convivium ludosque vocaverunt

cum puellis non dubitaverunt ad Romanos venire

 

 

urbem sine armis intraverunt

subito

Sabinas petiverunt, corripuerunt

filias frustra servare voluerunt

 

dolo Romulus uxores paravit

 

autem

 

arma capere properaverunt

 

 

Romam petiverunt

sed

 

urbem capere frustra cupiverunt

denique

 

filiae patres vocaverunt

 

 

nos nunc uxores Romanorum sumus, hic remanere cupimus

 

 

deponite arma!
pacem facite!

paulo post

 

arma deposuerunt

tandem à

 

 

 

PAX fuit

Wortfeld‚ gewaltsames Vorgehen:
vi capere – armis – petiverunt et corripuerunt – arma capere – capere cupiverunt – armis petivistis - arma


RHS Dreieich
Klasse 7a/b (Latein)
Dr. Hensel

 

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift VI/1 (2006), 13

„Der Raub der Sabinerinnen“ – Arbeitsbogen zur Übersetzung und kreativen Arbeit am Text

Nach der Erschließung und inhaltlichen Besprechung des Textes vom Raub der Sabinerinnen könnt ihr im Rahmen der Hausaufgabe aus den folgenden kreativen Aufgaben eine auswählen, die euch besonders zusagt. Eine Übersetzung des Textes in angemessenes Deutsch ist von allen zu erarbeiten.

Pflichtaufgabe (Termin nächste Stunde):

  1. Fertige eine Übersetzung des Textes in angemessenes Deutsch an.

Wahlaufgaben (Termin in einer Woche):

  1. Verfasse ein Filmdrehbuch zu der Geschichte! Berücksichtige Kameraeinstellungen, Schnitttechnik, Szeneneinrichtung usw. (Zeichnung eines Storyboards)
  2. Gestalte ein Standbild zu einer Teilszene des Geschehens, das dir besonders eindrucksvoll erscheint.
  3. Wähle einen Soundtrack zur Episode aus (evt. mit ‚Filmteam’ zusammenarbeiten). Berücksichtige die Atmosphäre und den Verlauf der Geschichte.
  4. Stelle dir vor, wie eine sabinische Tageszeitung durch die von Rom zurückkehrenden Männer am Tag nach dem Debakel über die Ereignisse berichten würde. Schreibe einen Artikel!
  5. Berichte aus der Sicht einer der Frauen in der Ich-Perspektive vom Geschehen.

 

Dr. Andreas Hensel (OStR)
An der Steinkaute 13c
63225 Langen
Email: drandreashensel@gmx.de

 

 

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift VI/1 (2006), 14

(1) „Die Schüler müssen rational gefordert werden. (...) Die Schüler müssen auch affektiv angesprochen, in ihren Emotionen getroffen werden.“ (Friedrich Maier: Didaktische Integration und methodisches Arrangement. In: Stefan Kipf (Hrsg.): Alte Texte in neuem Rahmen. Innovative Konzepte zum lateinischen Lektüreunterricht, Bamberg 2001, 63 (Auxilia 50)

(2) Kultusministerium Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Lehrplan Latein. Gymnasium (Klassen 5 – 10), Mainz 1984, 27

(3) Hessisches Kultusministerium (Hrsg.): Lehrplan Latein. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 5 – 13, Frankfurt/:M. 2002, 3

(4) Rudolf Henneböhl: Daphne, Narcissus, Pygmalion. Liebe im Spiegel von Leidenschaft und Illusion in Ovids Metamorphosen. Lehrerkommentar, Bamberg 2004, 13

(5) Prima. Gesamtkurs Latein. Ausgabe A Textband. Hrsg. v. Clement Utz, Bamberg 2004

(6) Solche Fragen haben freilich auch Livius schon nicht so sehr interessiert. Es war erst Ovid, für den die Psyche der entführten Frauen von Interesse war. In seiner Ars Amatoria gestaltet er die Episode ganz aus der Panik, die die entführten Mädchen ergreift.

(7) Das dabei eingesetzte Verfahren der Texterschließung nach textsemantischen und textsyntaktischen Gesichtspunkten liefert solide Grundlagen für das Verstehen und für die Interpretation des Textes. Textpragmatische Arbeit tritt ergänzend hinzu.

(8) Das sollte bei neuen Texten die Regel sein, um die Atmosphäre angemessen zu vermitteln. Später sollen dann auch einmal die Kinder vorbereitet die lateinischen Texte vortragen.

(9) Die tägliche Erschließungsarbeit der Schüler sollte generell nur zum Teil in der direkten Vorbereitung einer Übersetzung bestehen. Denn nur wenn Schüler einen Text gemeinsam erschließen, ist sichergestellt, dass die Mehrzahl der Kinder Wortlaut, Satzbau und Textstruktur kennen. Hört man sich dagegen die von einem anderen vorgetragene Übersetzung an, liefert das allenfalls einen inhaltlichen Einblick. Deswegen sollten Schüler immer wieder in kooperativen Arbeitsformen folgende Arbeitsschritte durchführen: das Sammeln von Wortfeldern, das Erarbeiten des Textaufbaus nach textsemantischen und textsyntaktischen Kriterien, die Erarbeitung von Satzstrukturen, textpragmatische Klärung usw.

(10) Diese Phase dient damit dem Aufbau von drei Kompetenzbereichen der Schüler: a.) der Sach- bzw. Fachkompetenz, b.) der Methodenkompetenz und c.) der sozialen bzw. kommunikativen Kompetenz. Auf allen diesen Ebenen sollen die Schüler einen Lernfortschritt erreichen, indem sie am Unterrichtsgegenstand arbeiten.

(11) Diese Koordination ist nicht zuletzt aus lernpsychologischen Gründen wichtig. Erst diese Verbindung von Akustischem und Optischem in etwa dem gleichen Moment wirkt verstärkend. Etwa 70% von dem, was man sieht und hört, behält man. Vorrang hat freilich das Unterrichtsgespräch. Durch die Wahl des Mediums Folie sind hier keine Probleme zu erwarten. Blickkontakt mit den Schülern und Eintragungen lassen sich simultan leisten. Das Erschließungsbild auf Folie ist kommunikatives Zentrum für die weitere Textarbeit und Sicherung der eigenen Ergebnisse. Die Anschaulichkeit kann durch Farben und grafische Applikationen verstärkt werden.

(12) „als Vokabel- und Grammatikdickicht“ (Wolfgang Schoedel: Vokabel- und Grammatikarbeit mit Erfolg und Spaß?. Zur kreativen Gestaltung der Spracherwerbsphase im Lateinunterricht der Unterstufe. In: Friedrich Maier (Hrsg.): Kreativität im Lateinunterricht. Neue Chancen zur Steigerung von Effizienz und Motivation. Bamberg 2001, 23 (Auxilia 47)

(13) Mit dem pädagogischen Leitziel, auch die Sinnlichkeit, Fantasie und den Tätigkeitsdrang der Schüler anzusprechen, wird mit diesem Verfahren auf das moderne Kind, das sich „über Sehen, Hören, Reden, Handeln, weniger durch Lesen“ orientiert (Hans-Joachim Glücklich: Das gegenwärtige Begründungsdefizit der Lateinsprechmethode, in: AU 37, 5/1994, 19), eingegangen. Das Methodenrepertoire des produktionsorientierten Unterrichts ermöglicht auf den Ebenen des kognitiven, akustischen, szenischen, visuellen und allgemein emotionalen Umgangs mit dem Text eine Auseinandersetzung mit dem Gelesenen.

(14) Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Ansatz immer wieder kritisch in der Fachdidaktik beäugt wird. So im Lehrerkommentar zum lateinischen Lehrwerk FELIX (ebenfalls C. C. Buchner): „Gegenwärtig wird von nicht wenigen Fachdidaktikern und bereits in einigen Lehrplänen die sog. ganzheitliche Vorerschließung im Rahmen einer modernen Textgrammatik favorisiert. Sie ist nicht unumstritten und benötigt noch mehr Anwendungsbeispiele für den Praktiker.“ (In: Felix. Der Lehrerband. Ausgabe A. Hrsg. v. K. Westphalen, C. Utz und R. Nickel. Bamberg 2003, 42.) Als ein solches Anwendungsbeispiel mag denn der vorliegende Aufsatz dienen.