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                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 54

Günther E. Thüry

Römer sucht Römerin
Liebeswerbung in römischen Kleininschriften (1)

 

1. Zur Einführung

Die Geschichte der Liebe in der römischen Antike ist bis vor etwa vierzig Jahren ein Tabugebiet gewesen, das die Forschung nur selten zu betreten gewagt hat. Für Gelehrte, die es doch einmal taten, war es nicht selbstverständlich, einen Verleger für die Produkte ihrer Arbeit zu finden. Dagegen hatten sie damit zu rechnen, dass sich Gerichte mit ihren Veröffentlichungen beschäftigten. Von vornherein fest stand auch, was in den Bibliotheken damit geschah. Dort wurden die wenigen Publikationen, die es trotz dieser Hindernisse gab, in Sonderbestände verbannt, die nur Personen von ausgewiesener Sittlichkeit benutzen sollten. (2)

Die Sexuelle Revolution hat diese Zustände und Tabus beseitigt. Schon in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts blätterte ein teilweise verunsichertes, im Gebrauch der neuen Freiheit noch ungeübtes Publikum in den ersten großformatigen Bildbänden über römische Liebe. (3) Seitdem ist, nach und nach, eine Menge an Literatur darüber erschienen. Aber der heute erreichte Umfang der Bibliographie sollte nicht zu falschen Schlüssen über den Forschungsstand verleiten. So sind ganze Teilfelder des großen Themengebiets der römischen Sexualität und Erotik bis heute unerforscht. Ganze Gruppen von Quellen sind bisher noch nicht gesammelt und erst recht nicht untersucht.

Von einer solchen Quellengattung, die bisher fast völlig übersehen wurde und erst in den letzten Jahren einer wirklichen Beachtung gewürdigt wird, möchte dieser Aufsatz erzählen. Es geht darin um das in der römischen Antike weit verbreitete Phänomen von Schmuck- und Gebrauchsgegenständen, die nach Aussage darauf angebrachter Inschriften Geschenke von Liebenden waren. (4)  Zu diesen beschrifteten Geschenken (außer denen es mit Sicherheit auch unbeschriftete gab) gehörten Taschenspiegelchen, Fibeln, Fingerringe und Hängeschmuck mit Schmucksteinen, Schreibgriffel, Spinnwirtel, Esslöffel und Ton- und Glasgefäße. Alle diese Objekte wurden offensichtlich deshalb verschenkt, um einerseits so Liebe zu gestehen und um Gegenliebe zu werben. Andererseits geschah das aber auch, um Liebe zu festigen; und schließlich noch deshalb, um den Beschenkten die Möglichkeit zu geben, sich durch die Annahme und den Gebrauch des Geschenkes als geneigt zu erweisen.

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Für uns besonders wertvoll ist an diesen „Werbegeschenken” antiker Liebender, dass sie in recht großer Zahl auf dem Boden der römischen Provinzen gefunden werden – in Gebieten also, über deren Alltagsleben in der römischen Literatur nicht allzu viel zu lesen ist und deren damalige Sexualkultur ohne die Aussage von Funden ganz im Dunkel läge.

Als ein erstes Beispiel solcher erotischer Geschenkinschriften sei einer der wenigen Texte ausgewählt, die explizit und klar zum Ausdruck bringen, was ihr Daseinszweck ist: zugleich eine Spielart des Liebesbriefs und eine Geschenkwidmung zu sein. (5) Der Text ist auf einer Scheibenfibel eingepunzt, die „bei Budapest” gefunden worden sein soll (Abb. 1).



Das nur knapp 2,4 cm große Fibelchen besteht aus Bronze. Nach Ausweis erhaltener Reste war es aber auf der Vorderseite mit einer spiegelnden, hauchdünnen Zinn- oder Silberschicht überzogen, die den Eindruck eines Silberschmuckstücks hervorrufen sollte. Dem Rand des kreisrunden Objektes folgt dort eine Inschrift, deren Anfang und Ende sich nicht klar als solche zu erkennen geben. Man könnte entweder lesen und interpungieren: AMORE AMANTI. S[I A]MAS, PIGNVS; oder: S[I A]MAS, PIGNVS. AMORE AMANTI. Übersetzt man das etwas weniger knapp, als es hier formuliert ist, so bedeutet es (wobei die Reihenfolge der beiden Sätze umgekehrt werden kann): „Für jemanden, der mich liebt, in Liebe! Wenn auch Du mich liebst, dann trag dieses Stück als pignus , als Liebespfand; oder: dann trag zum Beweis dieses Schmuckstück”.

Das war es also, was römische Liebesgeschenke sein wollten: pignora amoris , symbolische „Unterpfänder der Liebe” – das heißt: Zeichen einer Zusammengehörigkeit und einer Treue, zu der man sich durch Annahme und Gebrauch der Geschenke bekannte. Wie schon erwähnt, sagen das aber nur wenige Geschenkinschriften so ausdrücklich – unter Verwendung des Wortes pignus – wie die unserer Budapester (?) Fibel. Bisher sind sieben weitere Texte dieser Art bekannt. Fünf davon bitten um ein escipere , um ein Annehmen des pignus (wozu Alexander Riese auf cape pignus amoris bei Ov. met. 8, 92 hinwies); ein sechster Text – er steht auf einer Gemme unbekannten Fundorts – wählt die davon abweichende metrische Formulierung: PIGNVS AMORIS HABES = „Hier hast Du ein Zeichen meiner Liebe”; und auf einem siebten soll nach einer alten Fundnotiz nur PIGNVS AMORE = „Ein Liebespfand – in Liebe! ” zu lesen sein. (6)

Statt durch eine solche Selbsttitulierung des Inschriftträgers als pignus unsere Interpretationsaufgabe zu erleichtern, geben sich die meisten Geschenkinschriften nur dadurch zu erkennen, dass sie einen weiblichen oder männlichen Geschenkempfänger ansprechen. Viele der Texte konfrontieren uns dabei mit Formulierungen, die wir nur dann verstehen können, wenn wir uns in die Probleme dieser Inschriftengattung eingearbeitet haben. Die Problematik ergibt sich hier aus der – platzbedingt – selbst für lateinische Begriffe sehr knappen Formulierung, aus der Verwendung des speziellen erotischen Vokabulars und oft auch aus einer bewussten Mehrdeutigkeit des Ausdrucks. Die folgenden Beispiele sollen das verdeutlichen.


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Ein Fund gleich eines Paars von Fibeln mit erotischer Inschrift kam in einem Grab des 1. oder 2. nachchristlichen Jahrhunderts in Stahl (Kr. Bitburg, Rheinland-Pfalz) zutage (Abb. 2 und 3). (7) 

  

Es handelt sich um zwei je 3 cm lange, ineinandersteckend gefundene Hülsenscharnierfibeln mit bandförmigem, beschriftetem Bügel. Dieser Fibeltypus heißt so, weil das Scharnier der Nadel in einer röhrenförmigen Hülse untergebracht ist, während der flache, stets beschriftete Bügel ein schmales, langgezogenes Rechteck bildet. (8)  Auf der winzigen Fläche dieses Bügelchens ist bei einem der beiden Grabfunde der folgende metrische Text angebracht: IVDICIO TE AMO (Abb. 2). Das zweite Stück trägt dort die Inschrift: VENI DA DO VITA (Abb. 3). Beide Texte sind auch noch aus anderen Funden von Liebesinschriften belegt.(9)

Die beiden Fibeln von Stahl hat 1911 nicht ein Archäologe, sondern der Latinist Friedrich Marx veröffentlicht. Das schwer übersetzbare Hexameter- bzw. Pentameterfragment IVDICIO TE AMO (ein Zitat einer verlorenen Dichterstelle?) paraphrasierte er deutsch schön mit: „Ich liebe Dich, weil ich Urteil und Geschmack habe”. (10) Die zweite Inschrift übersetzte Marx dagegen mit: „Komm, Dado, mein Leben”. Die beiden Silben DA und DO des Textes hielt er für Bestandteile eines bei Gregor von Tours belegten keltischen Männernamens Dado. (11)  Das kann jedoch nicht zutreffen. Einerseits wissen wir heute, dass paarweise auftretende Fibeln wie die im Grab von Stahl für die Frauentracht charakteristisch sind. (12) Andererseits kommt aber auch die Silbenfolge DA-DO in einem halben Dutzend römischer Fibel- und Ringinschriften vor. (13)  Dass sie alle den sonst kaum einmal belegten keltischen Männernamen Dado enthalten, wird man nicht annehmen dürfen.

Auf eine zweifellos richtige Spur bringt uns hier die Tatsache, dass in zahlreichen Liebesinschriften die Formen DA, DAS, DES und Aussagen wie SI DAS, DO begegnen. (14)  Dieser Umstand entlarvt natürlich die Silbenfolge DA-DO als Formenpaar des Verbums dare , „geben”. Das haben auch schon Friedrich Henkel, Alexander Riese und Rudolf Noll gesehen. (15) Damit scheint aber das Problem noch nicht gelöst; denn nun stellt sich ja die Frage, was denn hier „gegeben” werden soll. Rudolf Noll ergänzte zu DA: „gib (mir deine Liebe) ”. (16)  Bei Inschriften, die – wie im Fall des Stahler Fibeltextes – zusätzlich das Wort VITA enthalten, dachten auch manche Interpreten schon daran, in diesem Wort VITA das Objekt des Gebens zu sehen. (17)  Dann wäre die Form VITA für einen vulgärlateinischen Akkusativ (statt eines korrekten VITAM) zu halten; und der Fibeltext von Stahl wäre zu übersetzen: „Komm! Gib Leben; ich gebe Leben”. Dem ließe sich zur Not zwar ein Sinn abgewinnen. Werfen wir aber einen Blick auch auf die anderen Liebesinschriften, in denen Formen von dare vorkommen, dann stellen wir fest, dass die weitaus meisten davon das Wort vita gar nicht enthalten.


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Die Lösung des Problems ergibt sich aus der Bedeutung des absolut gebrauchten dare als einer Vokabel des erotischen Lateins. In dieser Verwendung heißt das Verbum nämlich „es jemandem geben”, „es jemandem besorgen”, „sich hingeben”. Legen wir diese auch in der Dichtung gut bezeugte Spezialbedeutung zugrunde, folgt daraus für die Inschrift von Stahl die Übersetzung: „Komm! Gib dich mir hin und ich gebe mich dir hin, mein Leben”. (18)  Interessant, dass sich damalige Menschen durch Verschenken und Tragen so beschrifteter Schmuckstücke in ihren erotischen Wünschen – modern gesprochen – derart „outeten”.

Wie schon dieses Beispiel zeigt, ist der Wortschatz der Liebesinschriften nicht immer der unseres braven Schullateins. Er schöpft aus dem tiefen, von der Forschung noch gar nicht ganz ausgeloteten Reservoir der lateinischen Erotiksprache; und er kann uns gelegentlich, wie im Fall der nächsten hier behandelten Inschrift, vor Rätsel stellen, die einige Arbeit machen.

Es geht dabei um ein Fundobjekt aus dem Innenraum des niederösterreichischen Auxiliarlagers von Zwentendorf (Abb. 4 und 5).

  

Es ist wiederum eine Fibel mit Liebesinschrift. (19)  Das 2,1 cm lange Stück gehört zu einer Gruppe von Fibeln, die einen Bügel in Buchstabenform aufweisen. (20)  In Zwentendorf hat er die Gestalt eines „D”. Er kann aber auch wie ein „M”, „O”, „P” oder „S” geformt sein. Vielleicht vermuten wir richtig, dass alle solche Buchstaben Anfänge von Personennamen sind – so, wie das ja auch bei unseren heutigen buchstabenförmigen Schlüsselanhängern der Fall ist. Was das Material der Buchstabenfibeln mit Liebesinschrift angeht, bestehen sie zumindest zum Teil wieder aus Bronze mit einem dünnen Zinn- oder Silberüberzug.

Der Text der Zwentendorfer Fibel lautet: [O]PSTIPE SI AMAS. Aber was bedeutet hier [O]PSTIPE? Es ist ja der Imperativ des Verbums obstipere oder obstupere , das „erstarren” oder auch „erstarrt sein” heißt. [O]PSTIPE SI AMAS wäre wörtlich also zu übersetzen mit: „Wenn du liebst, dann sei erstarrt”. Dieses Erstarren kann beim Verbum obstipere oder obstupere – wie ja auch schon beim Simplex stupere – eine Reaktion auf Schrecken, auf Schmerz, auf Erstaunen oder auf Bewunderung sein. Mit einem Erstarren vor Staunen und Bewunderung beginnen aber gern antike Liebesgeschichten. Stupere und seine Komposita werden daher geradezu als Ausdrücke für unsere „Liebe auf den ersten Blick” verwendet. So berichtet Ovid, wie die Zauberin Circe im Wald, beim Sammeln magischer Kräuter, dem jagenden Picus begegnete und sich in ihn verliebte: „Da stand sie erstarrt ( obstipuit ); es entfielen der Hand die gelesenen Kräuter” (Ovid, met. 14, 350 in der Übersetzung R. Suchiers). Es ist dieses „Erstarren vor Liebe”, dieses staunende Festgebanntsein von Körper und Seele, das die Zwentendorfer Fibel meint. Im Deutschen würde dem [O]PSTIPE SI AMAS eher eine Formulierung entsprechen wie: „Wenn Du mich liebst, dann soll es Dich völlig überwältigen / - dann soll es so heftig sein, dass es Dich wie ein Blitz trifft / - dass es Dir den Atem nimmt / - dass es Dich durchschauert”.


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Allerdings sind – wie bereits erwähnt – Inschriften auf Liebesgeschenken der römischen Antike häufig mehrdeutig. (21)  So mag man sich denn auch die Frage stellen, ob der Ausdruck obstipere womöglich noch einen Nebensinn hatte. Das Wort „erstarren” passt ja nicht allein auf die psychisch-allgemeinkörperlichen Vorgänge bei der „Liebe auf den ersten Blick”, sondern würde sich außerdem als Beschreibung für ein Starr- oder Steifwerden eines einzelnen Körperteils eignen. Insofern könnte obstipere als eine Vokabel des erotischen Lateins auch speziell die Erektion bezeichnen. Allerdings besitzen wir vorläufig keine weitere Quelle, die eine solche Bedeutung des Wortes bestätigen würde. Träfe aber der Verdacht zu, dass wir hier mit einem doppeldeutigen Ausdruck zu tun haben, dann müsste die Zwentendorfer Fibel ein Liebesgeschenk für einen Mann gewesen sein.

2. Modelle der Liebe

Die wenigen Worte einer erotischen Geschenkinschrift haben uns hier also auf die Spur einer speziellen Erscheinungsform, ja eines speziellen Idealbilds des Sich-Verliebens geführt: auf ein Sich-Verlieben, das sich nach Art einer Offenbarung vollzieht. Aber das ist nicht der einzige Fall, in dem wir in unseren Texten speziellen Vorstellungen, Arten und Facetten von Liebe begegnen. In dieser Hinsicht sind weitere Beobachtungen möglich.

Beginnen wir damit, dass auch in den erotischen Geschenktexten ein ja überhaupt sehr beliebter Vergleich eine Rolle spielt: der Vergleich der Liebe mit einem (mehr oder weniger verzehrenden) Feuer. Das Feuer ist ein bereits antikes Sexualsymbol; und die Rede von der Liebe als einem Feuer war eine in der römischen Literatur schon alte und häufige bildliche Ausdrucksweise. (22)  Sie ist uns bis heute geläufig geblieben; man denke nur an unsere „Flamme” als Bezeichnung einer Freundin, an unseren Ausdruck „anmachen” als ein Wort für das Anflirten oder an das „Come on, baby, light my fire” im bekannten Jim-Morrison-Song aus dem Jahr 1967.

Auch eine kleine Gruppe von römischen Geschenkinschriften verwendet dieses alte Sprachbild. Wir finden es auf einem Ring und auf mehreren Fibeln. Der Ring zeigt das Bild Amors mit einer Fackel und gibt ihm den knappen Kommentar bei: VS(SIS) / TI = „Du hast mich entzündet”. Dagegen legen die Fibeln jeweils das in zweieinhalb Daktylen poetisch formulierte Geständnis ab: VROR AMORE TVO. (23)  Ein Beispiel einer Fibel mit diesem Text – es ist eine 3,7 cm lange, verzinnte oder versilberte Scharnierfibel mit Bügelplatte und profiliertem Fuß aus Genf – zeigt Abb. 6. (24)


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Die in diesem Fall dreizeilige Inschrift bedeutet natürlich nicht nur harmlos „Liebe zu dir brennt in mir”. In uri schwingt vielmehr die Ruhelosigkeit der Leidenschaft, die Liebesqual und die Gefahr eines Verbrennens mit. Kein Wunder, dass urere eine beliebte Elegikervokabel ist. In den Umkreis des elegischen Dichtens oder des Dichtens nach elegischem Muster mag auch unser Fibeltext gehören (wobei Alexander Riese auf die Stelle Ciris 259: uror amore als ein mögliches Vorbild aufmerksam gemacht hat). (25)

Über den Vergleich der Liebe mit der Feuersnot führt uns der Weg folgerichtig hin zu Hilferufen des Verliebten, die in den Geschenkinschriften häufig sind. Sie richten sich an den Partner, der ja – so ein in der Antike öfter geäußerter Gedanke – nicht nur die Ursache, sondern gleichzeitig auch der einzig mögliche „Arzt” einer Liebeskrankheit ist. (26)  Daher wünscht sich eine ganze Gruppe von Fibelinschriften vom weiblichen oder männlichen Geschenkempfänger ein venire (siehe das schon behandelte VENI DA DO VITA), ein accedere oder auch ein mehr oder weniger korrekt geschriebenes succurrere . Die verzinnte oder versilberte Hülsenscharnierfibel Abb. 7 (Länge 3,2 cm), auf deren bandförmigem Bügel die Punzinschrift AMO TE SVCVRE zu lesen steht, ist ein Beispiel aus dem schweizerischen Augst. (27)  Dieses succurrere scheint bei genauer Prüfung der epigraphischen und literarischen Belege seine eigentliche Bedeutung als „helfen” oder „abhelfen” geradezu abstreifen zu können. Es scheint dann im erotischen Latein zu einem Synonym für „mit jemandem Liebe machen” zu werden. (28)

Teilweise von der gleichen, teilweise aber auch von einer ganz anderen Seite beleuchten die Liebe einzelne unter unseren Texten, indem sie für Beziehung oder Partner das Wort „Hoffnung”, spes , verwenden. (29) Ofensichtlich sind damit verschiedene Dinge gemeint: dass man der Liebeserfüllung entgegenfiebere; dass die Liebe Hoffnung auf ein schönes, sinnerfülltes Leben gebe und dass man den Liebespartner insofern als Hoffnungsträger empfinde; und darüber hinaus lässt noch der Text einer Hülsenscharnierfibel mit bandförmigem Bügel aus Zugmantel in Hessen aufhorchen, der SPES M(E)ORVM lautet, also etwa: „Du bist die Hoffnung meiner Familie”. (30)  Das ist zweifellos so zu verstehen, dass sich die ganze Familie von den Kindern dieser Liebe ihren Fortbestand erhofft. Die Hoffnung richtet sich aber auch darauf, dass ja ein Vorhandensein von Kindern bzw. Enkeln gleich zwei in römischer Zeit wichtige Garantien bedeutet: die Garantie einer Fürsorge im Alter und die damals ebenfalls so wichtige Garantie eines späteren Totenkults.

Wenn wir hier jedoch zusammenstellen wollen, welche Sichtweisen, Facetten, Spielarten der Liebe in unseren kleinen Schriftdenkmälern begegnen, so darf auch jene Erscheinungsform nicht fehlen, bei der die Partner – weit über die sexuelle Ebene hinaus - in schwärmerischem Gefühl füreinander völlig aufzugehen scheinen. Das ist eine Art von Liebe, die wir „romantisch” nennen dürfen und über deren Geschichte schon viel Falsches geschrieben worden ist. Vor allem Neuhistoriker, Soziologen und Psychologen haben die These vorgebracht, dass die romantische Liebe erst ein Kind des Mittelalters oder der Neuzeit sei. Ein altphilologisches Leserpublikum weiß freilich, wie falsch das ist. (31)


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In unseren Geschenkinschriften kommen solche schwärmerisch-romantischen Gefühle zwar selten zum Ausdruck. Ein Zeugnis dafür scheint aber ein Text, der (wozu es nur sehr wenige Vergleichsfälle gibt) auf einem bronzenen römischen stilus angebracht ist. (32)  Der Griffel, der in Le Landeron im Schweizer Kanton Neuchâtel gefunden wurde, hat vier Kanten; und jede Kante trägt eine Inschriftzeile. Zusammen ergibt sich so der gebetartige Segenswunsch: AMOR / AMORVM / DI TE / SERVENT. Sprachlich bemerkenswert ist dabei die Formulierung AMOR AMORVM des Textbeginns. Diese „Liebe der Lieben” ist eine Wendung mit dem kräftig steigernden Genitivus appositivus, vergleichbar den Ausdrücken „König der Könige” oder „Buch der Bücher”. AMOR AMORVM bedeutet somit das, was wir im Deutschen die „große Liebe” nennen würden; und der Text lautet deutsch etwa: „Du bist meine große Liebe. Die Götter mögen Dich schützen!”(33)

Von der romantischen Formel amor amorum reicht also die Gefühlswelt der Geschenkinschriften bis hin zu jenen Texten, die den Partner nur – und in direkter Sprache – zum dare auffordern. Der Gegenpol der Romantik ist dort die grobe Sinnlichkeit, die sich etwa im Fall einer Fibel aus dem elsässischen Ehl äußert. Sie trägt die Inschrift DA SI DAS. Auf der gleichen Sprachebene übersetzt, ließe sich diese Aufforderung wiedergeben mit: „Wenn du's mir besorgst, dann tu das gründlich!” Hinzu kommt, dass die so beschriftete Fibel die Form eines Klappmessers imitiert; und es ist dessen Klinge, die den Schriftzug trägt. (34)  Das lässt natürlich an Gewaltphantasien denken. Offensichtlich scheint aber auch, dass dabei eine Symbolik mit im Spiel ist, die zwischen der Verwendung eines Klappmessers und der sexuellen Betätigung Analogien sieht. Sie können nur darin liegen, dass dieses Instrument (wie sich das für das Messer überhaupt sehr klar belegen lässt) als Symbol des männlichen Genitales empfunden wurde.(35)

3. Modelle der Partnerschaft

Nun ist es vom Thema der Spielarten und Sichtweisen der Liebe in römischer Zeit nicht weit zur Frage, was denn damals die Rollen der Partner, bzw. was denn die Rollen und das gegenseitige Verhältnis der Geschlechter in der Liebe waren. Auch darüber sagen unsere Inschriften etwas aus. Notieren wir da zunächst, dass einzelne dieser epigraphischen Zeugnisse das Wort „Herrin”, das Wort domina für die Geliebte verwenden. Wohl erst im mittleren 1. vorchristlichen Jahrhundert durch die Elegiker (bzw. genauer: wohl durch den Elegiker Gallus) geschaffen, ist dieser Begriff der lateinischen Liebessprache ursprünglich ein Zeugnis jener besonderen Hochschätzung der Frau gewesen, für die diese Dichter eintraten. Das allgemeine Gebräuchlichwerden des Ausdrucks zeigt auch gewiss eine Bewusstseins- und Einstellungsveränderung in der Gesellschaft an. Dann freilich war das Wort domina Konvention geworden und hatte damit gewiss an Schärfe seines ursprünglichen Bedeutungsinhalts verloren.(36)


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Als Belegbeispiel für die Verwendung des domina -Begriffes in unseren Texten sei hier eine der vergleichsweise seltenen Inschriften präsentiert,   die sich auf römischen Spinnwirteln finden. Lediglich aus dem kaiserzeitlichen Gallien ist uns eine Gruppe solcher beschrifteter Wirtel bekannt (37).



Unsere Abb. 8 zeigt eine Auswahl aus den Beständen des Museums von Autun im Burgund. Die im Durchmesser nur 2 ½ bis 3 cm großen Stücke bestehen aus dunklem Schiefer, bedeckt mit eingeschnittenen Ziermustern und Texten; und Muster wie Schrift sind – in hübschem Kontrast zum Untergrund – weiß inkrustiert. Der Inhalt der Textchen kreist dabei immer um drei Themen: nämlich um das Spinnen; um den Konsum von Getränken bzw. um die Bitte, Getränke zu servieren (genannt werden Wein und Bier); und nicht zuletzt um die Liebe.

Eines dieser Spinnwirtelchen aus Autun (Abb. 9 - 11) trägt auf der halbkugeligen Wand seines nur 1,4 cm hohen Körpers die umlaufende Inschrift AVE DOMINA; und am flachen Boden setzt sich der Text mit der vulgärsprachlich geschriebenen Verbform SITEO fort (wobei das „E”, wie in der römischen Kursivschrift geläufig, in Form zweier senkrechter Hasten geschrieben ist). (38)  Während also dem Betrachter des Wirtels das „Grüß Dich, meine Herrin! ” sofort ins Auge fällt, „versteckt” sich die Fortsetzung des Textchens gewissermaßen auf dem Boden des Objekts. Das ist zwar platzbedingt; doch wird so auch nicht gleich verraten, was der Schenker des Gegenstands von seiner domina will. Die Inschrift auf dem Wirtelboden umschreibt seine Wünsche mit dem Verbum sitire . Wörtlich genommen, signalisiert es einfach den Durst, der in den Wirtelinschriften auch sonst eine Rolle spielt.

  

Andererseits kennt aber das erotische Latein das Bild vom „Liebes-Durst” (das uns ja nicht fremd ist, obwohl wir eher vom „Liebeshunger” sprechen); und so bedeutet sitio bzw. siteo außerdem: „ich begehre Dich”. Wir haben hier also wieder mit einem Fall von Mehrdeutigkeit zu tun.(39)

Wie aber soll man erklären, dass gerade in Inschriften auf Spinnwirteln das bacchantische Durstmotiv vorkommt und sich dort mit dem Thema der Erotik verbindet? Man hat dazu die These aufgestellt, die Spinnwirtel seien – modern gesagt – Geschenke von „Barbesuchern” an „Bardamen” gewesen, die ihnen auch zu Liebesdiensten zur Verfügung gestanden hätten. Diese These schien dem Verfasser ursprünglich sehr erwägenswert. (40)  Je länger er über die Inschriften aber nachdachte, desto mehr neigt er doch zu den folgenden Gedanken. Es ist zwar richtig, dass von den Empfängerinnen der Spinnwirtelgeschenke zwei Dinge erwartet wurden (natürlich abgesehen vom Spinnen selbst): nämlich Liebe und das Servieren voller Becher.


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Ebenfalls richtig ist, dass diese Doppelrolle sehr gut zu antikem Wirtshauspersonal passen würde. Es bestand ja zu einem wohl großen Teil aus leichten Mädchen. Wie zum Frauenalltag überhaupt, gehörte das Spinnen sicher mit zu ihrem Alltag. Doch die Liebe und das Getränkeservieren konnte man ja auch zuhause haben; und mit der Wollverarbeitung waren auch die weiblichen Angehörigen der eigenen familia beschäftigt. Das Spinnen zählte zu den Aufgaben der Sklavinnen und Freigelassenen und ebenso zu den Beschäftigungen einer geschickten und fleißigen Hausfrau. (41) So wäre doch gut denkbar, dass die Spinnwirtelgeschenke in den Umkreis des häuslichen Alltags und allgemein in die Arbeitszimmer und Spinnstuben der Häuser und Höfe gehören.

Die Anrede domina , die beispielsweise unser Text aus Autun enthält, ist ein von der gesellschaftlichen Stellung der so Angesprochenen ganz unabhängiger Ausdruck der Wertschätzung für die Frau – auch wenn sich nicht erkennen lässt, ob sie im speziellen Fall nur einer Konvention oder wie weit sie auch einer Empfindung entsprach. Vollends für die Liebesauffassung, in deren Kontext die domina -Anrede einmal entstanden war, also für das elegische Ideal eines konsequenten servitium amoris – jenes Ideal der Liebe, nach dem sich der Mann dem Willen und den Wünschen der Geliebten freiwillig unterordnet – bieten uns die Beschriftungen der Liebesgeschenke keine sicheren Belege.(42)

Immerhin möglich wäre ein solcher Hintergrund bei einem Text, der auf einer Scharnierfibel mit Bügelplatte und profiliertem Fuß aus Bouvines bei Lille steht (Abb. 12). (43)  Die verzinnte oder versilberte, 4,1 cm lange Fibel trägt das Motto: QVOD / VIS EG / O VOLO. Dieses Bekenntnis: „Was Du willst, das will auch ich” kann im Sinn einer ganz pauschalen Bereitschaft zu einem Leben in völligem Gleichklang, in völliger Anpassung an den Partner verstanden werden. Leider lässt sich nicht erkennen, ob es sich um ein Geschenk einer Frau oder eines Mannes handelt. Wäre letzteres der Fall, dann wäre das in der Tat ein Bekenntnis zum elegischen Liebesideal. Allerdings ist auch diese Formel QVOD VIS EGO VOLO wieder einmal mehrdeutig; und das heißt, der Leser darf und soll sie zusätzlich auf noch andere Weise interpretieren. Er kann das Wort quod dann mit einem spezielleren Inhalt füllen und dabei an den Willen zum Eingehen einer Beziehung und an den Wunsch nach Liebeserfüllung denken. So wäre   der Fibeltext frei zu übersetzen: „Ich will genauso Dich wie Du mich”. In diesem Sinn wird das Verbum velle auch noch in einigen anderen Geschenkinschriften verwendet. (44)


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4. Zusammenfassung

Doch kommen wir zum Schluss dieses kleinen Überblicks über die Inschriftengattung der Liebesgeschenke! Trotz des engen hier gezogenen Rahmens wird deutlich geworden sein, wie zahlreich die Berührungspunkte zwischen den epigraphischen Texten und der römischen Dichtung sind. Diese Berührungspunkte, die für den Philologen einen speziellen Reiz des Themas ausmachen, ergeben sich aus dem gemeinsamen Rückgriff auf bestimmte Topoi und vor allem auf das Vokabular des erotischen Lateins; sie ergeben sich aber auch, wenn es um die Herkunftsfrage möglicher Dichterzitate oder um ein mögliches Fortleben des elegischen Liebeskonzepts in den Inschriften geht.

Der wohl größte Wert unserer Inschriftengattung liegt jedoch nicht in den Zusammenhängen mit der literarischen Überlieferung, sondern darin, dass uns die Texte – als überwiegend provinziale Erzeugnisse – über die Liebe in der römischen Provinz eine Fülle von Details erzählen, die sonst nirgendwo zu erfahren wären. Diese Details betreffen die Sitte des Liebesgeschenks; die Liebeswerbung; die Selbstverständlichkeit des Äußerns erotischer Wünsche und Bekenntnisse; die Liebesauffassung; und die damaligen Modelle der Partnerschaft. Hinzu kommt noch – und damit sind wir doch wieder auf dem Gebiet der Klassischen Philologie – die Bedeutung der Inschriften für unsere Kenntnis des Vulgärlateins der Provinzen und für unser Wissen über das erotische Latein. Auch das sind ja Gebiete, auf denen wir noch viel zu lernen haben.

 

Univ.-Lekt. Lic. phil. Günther E. Thüry
Schmittenbachweg 1/3
72108 Rottenburg
(www.gethuery.at / guenther.e.thuery@web.de)

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(1)Dem größten Teil dieser Arbeit liegt der Text eines Vortrags zugrunde, der bei der DAV-Tagung „Am Rande des Imperiums ” (Berlin, 1. November 2003) gehalten wurde. – Für den Zugang zu Fundmaterial und Literatur, für Hinweise und für einen anregenden Meinungsaustausch dankt der Verf. den Herren Dr. Wolfgang Czysz (Thierhaupten); Prof. Dr. Werner A. Krenkel (Rostock); Dr. Jean Krier (Luxemburg); Walter Kropf (Wien); Prof. Dr. Thomas Meyer (Tübingen); Heinz Nowak (Wien); Peter Schild (Böblingen); André Strasberg (Autun); Prof. Dr. Wilfried Stroh (München); und Mag. Dr. Heinz Winter (Wien).

(2)Zur damaligen Haltung von Verlegern vgl. etwa die Klage H. Cohens über die Weigerung seines Verlages, einen Katalog der Spintrien zu drucken: H. Cohen, Description historique des monnaies frappées sous l'empire romain 6, Paris 1862, 547. – Zum Eingreifen von Gerichten R. Hofmann, in: E. Fuchs, Geschichte der erotischen Kunst, Neudruck Berlin 1977, X; F. S. Krauss, in: Anthropophyteia 10 (1913), Anhang. – Zur Sekretierung von sexualgeschichtlicher Literatur z. B. S. Kellner (Hg.), Der Giftschrank. Erotik, Sexualwissenschaft, Politik und Literatur – Remota: Die weggesperrten Bücher der Bayerischen Staatsbibliothek, München 2002, passim.

(3)Beobachtung des Verf. über den damaligen Umgang mit dem Werk J. Marcadés, Roma amor, Genf-München-Paris 1961. Ein Zeitdokument ist hier ein amerikanischer Kriminalfilm, in dem der Kommissar eine Buchhandlung besucht und der Versuchung nicht widerstehen kann, die von einem solchen Band ausgeht. Er blättert verstohlen darin und handelt sich doch den strafenden Blick einer Dame mittleren Alters ein („Columbo: Waffen des Bösen ” , 1978).


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(4)Knapper Überblick über die Inschriftengruppe bei G. E. Thüry, Erotisches in römischen Fibelinschriften. Zur Deutung dreier Texte auf Fibelfunden aus Niederösterreich. Specimina nova dissertationum (Pécs) 7/1 (1991), 93.

(5)Zum im Folgenden vorgestellten Fund G. E. Thüry, Pignus amoris. Zu einer neuen erotischen Geschenkinschrift. Römisches Österreich 26 (2003; im Druck).

(6)Zur Vokabel pignus und ihren epigraphischen Belegen Thüry (2003). Zwei der insgesamt acht Belege wurden dem Verf. aber erst bekannt, als die Arbeit Thüry (2003) schon gesetzt und korrigiert war. Den einen Beleg erwähnt knapp [E.] Krüger, Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 26 (1907), 315 mit Abb. Taf. 11,4 (PIGNVS AMORE auf P-förmiger Fibel aus Altrier, Luxemburg). Auf den anderen machte den Verf. Jean Krier aufmerksam (PIGNVS AMORE ESCIPE SI AMAS auf M-förmiger Fibel aus Mamer, Luxemburg). – Der Hinweis auf Ovid bei A. Riese, Das rheinische Germanien in den antiken Inschriften, Leipzig-Berlin 1914, ad n. 4422.

(7)Veröffentlichung des Grabfundes: F. Marx, Stahl (Kr. Bitburg). Zwei Fibeln mit Inschrift. Römisch-germanisches Korrespondenzblatt 4 (1911), 22 f. (nach Abb. 9 dort unsere Abb. 2 und 3). Zur Datierung des Grabes vgl. aber Thüry (1991), 105, Anm. 14.

(8)Den Fibeltyp definierte A. Böhme, Die Fibeln der Kastelle Saalburg und Zugmantel. Saalburg-Jahrbuch 29 (1972), 15.

(9)Weitere Belege für IVDICIO TE AMO und ähnliche Formulierungen: G. E. Thüry, Mehrdeutige erotische Kleininschriften. Bayerische Vorgeschichtsblätter 59 (1994), 93. Für VENI DA DO VITA vgl. einerseits die Xantener Fibelinschrift VINI DA DO VI[TA]: U. Boelicke, Die Fibeln aus dem Areal der Colonia Ulpia Traiana. Xantener Berichte 10, Mainz 2002, 109 und Taf. 47; andererseits aber auch die Regensburger Ringinschrift DA DO / VITA / AMICA: F. Wagner, Neue Inschriften aus Raetien. 37.-38. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission (1956-1957), n. 122.

(10)Marx (1911), 23. Sprachlich befassten sich mit der Inschrift sonst nur Riese (1914), n. 4430; Thüry (1994), 93; und S. Martin-Kilcher, Ab Aquis venio – zu römischen Fibeln mit punzierter Inschrift. In: Mille fiori. Festschrift für Ludwig Berger. Forschungen in Augst 25, Augst 1998, 153 (dort ist zu Unrecht von „etwas holpriger Versform ” und davon die Rede, dass es sich nicht um „ein Zitat der hohen Literatur ” handle – was aber offen bleiben muss).

(11)Marx (1911), 23. Der Name Dado fehlt bei D. E. Evans, Gaulish Personal Names, Oxford 1967 und J. Whatmough, The Dialects of Ancient Gaul, Cambridge/Mass. 1970.

(12)Böhme (1972), 15. Ein Unterscheidungskriterium zwischen Männer- und Frauengräbern liegt freilich nur dann vor, wenn es sich nicht um zwei jeweils als Einzelstücke getragene Fibeln handelt.

(13)Ringinschriften: F. Henkel, Die römischen Fingerringe der Rheinlande, Berlin 1913, n. 830 f.; H. Nowak, Fundberichte aus Österreich 28 (1989), 212 und Abb. 668. Weitere Nachweise: oben Anm. 9.

(14)Vgl. die Fibelinschriften DA CITO AMICA, DA SI DAS und VENIO SI DAS: Martin-Kilcher (1998), n. B 4, B 11 und E 2. – SI DA / S DO auf Ring: Henkel (1913), n. 906. – DA oder DAS ohne weitere dare -Form auf Ringen: z. B. ebd. n. 832 f.; L. Ruseva-Slokoska, Roman Jewellery, Sofia 1991, 166. – DA MI, SI DAS DO u. ä. auf Keramik: z. B. S. Künzl, Die Trierer Spruchbecherkeramik. Trierer Zeitschrift, Beiheft 21, Trier 1997, 96 f. – DA MI auf Spinnwirtel: CIL XIII 10019, 21.


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(15)Henkel (1913), 81; Riese (1914), 435; R. Noll, Zur Deutung einer Fibelinschrift in Trier. Bonner Jahrbücher 142 (1937), 353 (in Unkenntnis der Stellen bei Henkel und bei Riese). Vgl. auch M. Bös, Aufschriften auf rheinischen Trinkgefäßen der Römerzeit. Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 3 (1958), 22.

(16)Noll (1937).

(17)H.-J. Kellner, Die Römer in Bayern, München 2 1972, 129; S. Rieckhoff-Pauli, Castra Regina. Regensburg zur Römerzeit, Regensburg 1979, 145. – Von einer erhaltenen Fibelinschrift VENI DA DO VITAM spricht falsch J. Garbsch, Römischer Alltag in Bayern. In: 125 Jahre Bayerische Handelsbank in München 1869-1994, Festschrift, München 1994, 247.

(18)Zum erotischen absolut gebrauchten dare ThLL 5,1,1673,35 ff. Dass es auch in den erotischen Inschriften unseres Typus vorliegt, wird allerdings ebd. 1663,73 ff. nur als möglich dargestellt.

(19)Die Inschrift behandelt Thüry (1991), 99 ff.

(20)Zu diesen Buchstabenfibeln (auch ohne Inschrift) Böhme (1972), 44 f.; Thüry (1991), 100 und 102 f.; Martin-Kilcher (1998), passim.

(21)Diesen Punkt hat Thüry (1994) herausgearbeitet.

(22)Zur römischen Sexualsymbolik und speziell zum Feuer als Symbol und erotischem Sprachbild G. E. Thüry, Ein phallischer Mörserstößel aus Carnuntum. Carnuntum Jahrbuch 1997, 104 f. Zum Alter der erotischen Feuermetaphorik in der römischen Literatur S. Koster, Mulcedo Veneris atque Musae. Roms frühe Liebesdichtung, in: P. Neukam (Hg.), Musen und Medien, München 1999, 50 ff.

(23)Der Ring bei Henkel (1913), n. 1994. Belege für den Fibeltext: CIL XII 5698, 18 = ILS 8623a; CIL XIII 10027, 167; CIL XIII 10027, 168. Unzutreffend spricht Martin-Kilcher (1998), 153 auch hier von „etwas holpriger ” Metrik und will eine Herkunft aus einem Werk der Dichtung ausschließen.

(24)CIL XII 5698, 18 (unsere Abb. nach Martin-Kilcher, 1998, n. A 7).

(25)Urere bei den Elegikern: R. Pichon, De sermone amatorio apud Latinos elegiarum scriptores, Dissertation Paris 1902, 301. Der Hinweis auf die Cirisstelle bei Riese (1914), ad n. 4420a.

(26)In diesem Sinn Heliodor 4,7, Longos 2,7,7 und das pompejanische Graffito CIL IV 4353.

(27)Beispiele für Geschenkinschriften mit venire : auf Keramik VENI AD ME AMICA; CIL XIII 10012, 12. Auf Fingeringen VENI / VITA, VINI / VITA oder VINI / VINI: Henkel (1913), n. 859 ff. Auf Fibeln (außer dem oben diskutierten VENI DA DO VITA und VINI DA DO VITA) SI ME AMAS VENI: CIL XIII 10027, 151a; VENIO SI DAS: Martin-Kilcher (1998), n. B 11. – Für accedere siehe die Spinnwirtelinschrift ACCEDE / VRBANA: P. Wuilleumier, Inscriptions latines de trois Gaules (France), 17e supplément à Gallia, Paris 1963, n. 523. – Die Zeugnisse für succurrere bei Thüry (1991), 96 f.; W. Czysz, Kleine Fibel, große Liebe: Eine Inschrift aus der römischen Villa von Großsorheim. Das archäologische Jahr in Bayern 2000, 69 ff. Speziell zum Augster Beispiel auch G. E. Thüry, Amo te sucure. Bemerkungen zu einer Augster Fibelinschrift. Jahresberichte aus Augst und Kaiseraugst 1 (1980), 97 f.


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(28)Thüry (1991), 98.

(29)Das geschieht auf Fibeln mit den Inschriften SPES A / MOR / SI ME A / MAS: F. Vollmer, Inscriptiones Baivariae Romanae, München 1915, VI, add. 193A; SPES AMOR SI ME AMAS: Thüry (1991), 103; SPES AMORE SI ME AMAS: Inschrift einer O-Fibel aus Grevenmacher in Luxemburg (Hinweis Jean Krier); SPES M(E)ORVM: siehe unten Anm. 30; SVCCVRRE / AMANTI / SI ME AMAS / SPES AMAS: P. Weiss, Einige beschriftete Kleinobjekte. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 91 (1992), 195. Hinzu kommt auch noch eine Punzinschrift auf einer Kaiseraugster Scheibenfibel, die folgendermaßen gelesen wurde: SPEIC(VL)A SI AMAS; so A. R. Furger, Römermuseum und Römerhaus Augst, Augst 2 1989, 34. Die Frage wäre aber, ob die Lesung nicht richtig SPES DA SI AMAS bzw. DA SI AMAS SPES lautet.

(30)Liebeserfüllung als Hoffnung: Pichon (1902), 267 s.v. sperare . – Hoffnung auf ein durch Liebe sinnerfülltes Leben: vgl. vor allem die Fibelinschrift SPES AMORE SI ME AMAS (Anm. 29). – Fibel mit SPES M(E)ORVM: Böhme (1972), 15, 56, 79 und Taf. 5,320; Martin-Kilcher (1998), n. B 9 (Lesung unzutreffend: SPES AMORVM ?); Thüry (1991), 102; G. E. Thüry, Vita Carnuntina. Von der Wiege bis zur Bahre: Stationen eines Römerlebens, Herrsching 2003, 11 (Lesung unzutreffend: SPES MEORVM).

(31)Die These einer nachantiken Entstehung der romantischen Liebe z. B. bei P. Dinzelbacher, Sexualität / Liebe (Mittelalter), in: ders. (Hg.), Europäische Mentalitätsgeschichte, Stuttgart 1993, 71: die Antike habe noch keine Liebeskonzeption gekannt, nach der sich eine Zweierbeziehung „auch auf alle anderen Seinsgebiete erstreckt ” . Zum Teil wird diese Konzeption sogar erst für modern gehalten (vgl. Chr. Klotter, Abendländische Liesbesvorstellungen, in: ders., Hg., Liebesvorstellungen im 20. Jahrhundert, Gießen 1999, 66 ff.).

(32)Zu den Stilusinschriften Thüry (1994), 89 f. Zum im Folgenden behandelten Text P. Hofmann-Rognon, Un stylet en bronze dédicacé au Landeron (Suisse). Instrumentum 8 (1998), 26 f. = L'année épigraphique 1998, n. 976.

(33)Zum Genitivus appositivus R. Kühner – K. Stegmann, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache 2,1, Neudruck Darmstadt 1982, 418 und 420. Zur Segensformel di te servent ThLL 5,1,893,31 ff.; vgl. H. Solin – M.Itkonen-Kaila, Paedagogium. V. Väänänen (Hg.), Graffiti del Palatino 1, Helsinki 1966, n.127: VLPIA PHOEBE DI TE SERVENT.

(34)Martin-Kilcher (1998), n. E 2.

(35)Zum Messer als römischem Genitalsymbol Thüry (1997), 104 f. Den klarsten Hinweis gibt die Verwendung des Wortes machaera = Messer für den Phallus (J. N. Adams, The Latin Sexual Vocabulary, London 1982, 20 f.).

(36)Über die Geschichte des domina -Begriffes im hier skizzierten Sinn W. Stroh, Die Ursprünge der römischen Liebeselegie, Poetica 15 (1983), 227. Über sein Vorkommen in den Geschenkinschriften Thüry (1994), 87.

(37)Zu dieser Gruppe Thüry (1994), 86 ff.


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(38)Zu dieser Inschrift Thüry (1994), 86 ff. und Taf. 8, Abb. 2-3.

(39)Über sitire als erotische Vokabel Pichon (1902), 264. Vgl. auf Fibeln die Belege (jeweils mit dem zweideutigen Wortlaut misce sitio ) aus Töging in Bayern (Thüry, 1994, 85) und aus Rippenweiler in Luxemburg (Hinweis Jean Krier). Zu sitire auf Keramik Bös (1958), 21 und 23. – Übrigens umkreist das SITEO die Durchbohrung des Wirtels, durch die einst die Spindel gesteckt war; und Werner A. Krenkel macht den Verf. darauf aufmerksam, dass die Spindel in der Antike womöglich ein männliches Genitalsymbol darstellte. Das lege das Luciliusfragment 306/306a Krenkel nahe (vgl. auch ThLL 10,1,242,34 ff.).

(40)Thüry (1994), 87 und 89.

(41)Vgl. darüber Ausführungen und Belegsammlung bei L. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms 1, Leipzig 10 1922, 269 f.

(42)Zum servitium amoris etwa P. Murgatroyd, Servitium amoris and the Roman Elegists. Latomus 40 (1981), 589 ff. – Dass es ein Fortleben von Elementen der elegischen Liebesauffassung zumindest im kaiserzeitlichen Gallien gab, zeigen aber andere Zeugnisse; vgl. G. E. Thüry, Die Palme für die domina. Masochismus in der römischen Antike, Antike Welt 32 (2001), 575 f.

(43)CIL XIII 10027, 166 = ILS 8623b (in der Abb. reproduziert nach: Bulletin de la société nationale des antiquaires de France 1872, Taf. 2,2).

(44)Vgl. z. B. den Spinnwirteltext GENETA / VIS CARA (Wuilleumier, 1963, n. 526) und die Ringinschrift SI VIS VIVAM (Henkel, 1913, n. 1464).